Aktuelles

Hier erscheinen aktuelle Informationen und Termine

Messen und Kongresse

TheraPro Stuttgart 30.01.-01.02.2026

REHACARE International Düsseldorf 23.09.-26.09.2026

Einblicke in Therapien

Ergotherapie bei Einschränkungen der Gedächtnis- und Hirnleistungen – ein Beispiel aus dem ergotherapeutischen Hirnleistungstraining bei Demenz

„… Eine Ente und ein Schwan streiten sich. Ein Kranich kommt dazu und versteht gar nicht, was los ist … Im Wald wuseln ein Igel und ein Wiesel umher … Dann wird es bergiger … in der Ferne sehe ich ein Tier: „Ben, was ist das?“ – Er schaut durchs Fernglas und sagt: „ein Steinbock“ …“.

Manchmal bemerkt man im Alltag, dass sich ein Angehöriger schlecht orientieren kann. Oder man stellt bei sich selbst fest: Absprachen geraten immer öfter in Vergessenheit. Dann tauchen Fragen auf wie: „Kann das wieder besser werden?“ oder „Wie finde ich mich im Alltag wieder besser zurecht?“

Die gute Nachricht: Lebenslanges Lernen ist möglich – das zeigen zahlreiche Studien. Mit entscheidend ist ein förderliches Umfeld:

In der Ergotherapie schaffen wir genau diese Bedingungen. Mit Bildern und Geschichten lassen sich zum Beispiel Tiere leichter merken und wieder abrufen – besonders dann, wenn man sie ordnet und in eine kleine Fantasiegeschichte einbettet.

Im Anschluss werden die Tiere in der richtigen Reihenfolge aufgezählt – nicht nur direkt nach der Übung, sondern auch noch Tage später. Durch Variation von Anzahl, Schwierigkeitsgrad und Auswahl unterschiedlicher Methoden kann das Training Schritt für Schritt angepasst und gesteigert werden. Letztendlich geht es darum, die geistige Leistungsfähigkeit zu verbessern und Strategien zu finden, die gut in den Alltag passen.

 

Wissen

Demenz

Die Nonnenstudie (David Snowdon)
Die von David Snowdon initiierte Nonnenstudie untersuchte über Jahrzehnte hinweg das Leben älterer Ordensschwestern in den USA, um Einflüsse auf die geistige Gesundheit zu erforschen. Snowdon fand unter anderem heraus, dass geistige Aktivität und eine positive Lebenseinstellung mit einem geringeren Risiko für Demenz im Alter einhergehen. Selbst bei bereits im Gehirn vorhandenen Alzheimer-typischen Veränderungen konnten manche Ordenschwestern bis ins hohe Alter geistig fit bleiben – was auf die Bedeutung von kognitiver Reserve und sozialer Einbindung hinweist.

Raus aus der Demenzfalle! (Gerald Hüther)
Der Gehirnforscher, Gerald Hüther argumentiert, dass Demenz stark von der Art beeinflusst wird, wie wir unser Gehirn im Laufe des Lebens nutzen. Er betont, dass das Gehirn formbar bleibt und durch emotionale Bindung, Sinnhaftigkeit und neue Herausforderungen bis ins hohe Alter lernfähig ist. Hüther kritisiert, dass viele Menschen im Ruhestand geistig und sozial sozusagen „zur Ruhe kommen“ und damit unbewusst den Abbau fördern. Sein Appell: geistig neugierig bleiben, Neues lernen, soziale Beziehungen pflegen und das Leben sinnerfüllt gestalten, um die Wahrscheinlichkeit einer Demenz zu senken oder den Verlauf zu verlangsamen.

Beide Ansätze zeigen, dass Demenz nicht allein vom Alter oder von genetischen Faktoren abhängt, sondern stark davon, wie wir unser Leben gestalten. Sowohl Snowdon als auch Hüther betonen die schützende Wirkung von geistiger Aktivität, positiven sozialen Kontakten und einer sinnorientierten Haltung. Während Snowdons Nonnenstudie empirisch belegt, dass Bildung und Optimismus schon früh im Leben eine kognitive Reserve aufbauen können, macht Hüther deutlich, dass es selbst im hohen Alter möglich ist, das Gehirn durch Neues, Verbundenheit und Sinnhaftigkeit zu stimulieren. Gemeinsam vermitteln sie die ermutigende Botschaft: Wir haben mehr Einfluss auf unsere geistige Gesundheit, als oft angenommen wird.

Leitlinien

Am 17.07.2025 erschien eine überarbeitete Version der S3-Leitlinie Demenzen (Version 5.2). Sie ist eine evidenzbasierte Leitlinie mit einem hohen Grad an Verlässlichkeit. Positive Effekte zeigen sich beim Hirnleistungstraining, beim Alltags- und Koordinationstraining und der Reminiszenzarbeit. Hier kann Ergotherapie auf die kognitive und motorische Leitungsfähigkeit positv wirken. So empfiehlt die Leitlinie ein strukturiertes, regelmäßiges Hirnleistungstraining und rät von computerbasiertem, eigenständig durchgeführtem Training ab. Gezieltes Üben alltagsrelevanter Tätigkeiten in möglichst realitätsnahen Kontexten haben ebenfalls einen positiven Effekt. Um die Klient:innen nicht zu überfordern, ist es wichtig, an ihre Lebenswelt anzuknüpfen. Die Leitlinie unterstreicht zudem, dass kognitive Leistungen, Mobilität und Wohlbefinden mithilfe kombinierter Trainingsprogramme für körperliche Ausdauer, Kraft, Koordination und Beweglichkeit besonders wirksam sind (100% Zustimmung). Auch Reminiszenzarbeit, die gezielt Erinnerungen aktiviert, sind ein sehr wirksames Verfahren im ergotherapeutischen Setting (100% Zustimmung). 

Fazit: 

Je nachdem, was für eine Demenzform vorliegt, kann eine frühzeitige Behandlung eine Verbesserung von Hirnleistungen bewirken. Da Alltagsbezug einen positiven Effekt hat, und es darum geht, ein selbständiges Leben zuhause möglichst lange zu erhalten, sind zusammenfassend therapeutisch zielführend: regelmäßges Üben für Körper und Geist und eine sichere, strukturierte Umgebung. Demzufolge ist auch eine Beratung zur Integration ins häusliche Umfeld ratsam, wenn die Therapien in der Praxis stattfinden.  Die Nutzung digitaler Medien und das selbständige Üben betreffend, macht die Leitlinie deutlich, wie bedeutend Interaktionen, positive Emotionen und der Aufbau einer positiven therapeutischen Beziehung sind. Das Aufzeigen von Möglichkeiten, soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, kann in diesem Zusammenhang, wenn der Wunsch besteht, ebenfalls unterstützend wirken.

 

Presse

Am Tag der offenen Tür hatten meine Besucher nicht nur die Möglichkeit, Ergotherapie zum Anfassen zu erleben, sondern konnten auch an interaktiven Stationen nachfühlen, wie es Menschen geht, die an Demenz erkrankt sind.

Voriges Jahr (Coburger Tageblatt, Ausgabe vom 13./14. Januar 2024, S. 5) machte die Coburger Presse auf eine interessante Bachelorarbeit von Matthia Leyendecker aufmerksam: In ihrer eigenen Verwandtschaft beobachtete sie, was es für eine große Herausforderung für ältere Menschen ist, die digitale Welt zu verstehen und zu nutzen. Kommen dann noch kognitive Einschränkungen dazu, können Handys und Co. von beispielsweise an Demenz erkrankten Menschen nicht eigenständig genutzt werden. So kam die Idee auf, “… etwas an die Hand zu geben, womit sie sich spielerisch beschäftigen und so ihr Erinnerungsvermögen aktivieren können.” Es ist ein Prototyp entstanden, der es ermöglicht, individuelle Videos, Fotos und Audios mit leichter Bedienung abzuspielen.

Wenn trotz der Nutzungsfreundlichkeit Medien so zum Einsatz kommen, dass betreuendes Personal oder Verwandte diese Menschen nicht alleine lassen, können sicher positive Effekte erzielt werden.